Michael Wussler trainiert seit einem Jahr mit uns im Schulhaus Buchlern. Ursprünglich vom Kunstturnen her kommend, hat er mittlerweile auch ein relativ gutes Gefühl für unsere Schaukelringe und das Minitramp entwickelt. Vor ein paar Wochen absolvierte er einen „Spontaneinsatz“ für seinen Heim-Verein und erzählt uns hier von seinem Wettkampf:
Hey Wussi, kannst du spontan am Finale Pferd turnen?
Wer solch eine Bitte seines Trainers zu dessen Abschiedswettkampf hört, wer kann da schon Nein sagen?!
Es scheint sich ja noch nicht bis ins ferne Deutschland herumgesprochen zu haben, dass kaum einer im Schulhaus Buchlern weiss, was ein Pauschenpferd ist. Also brav am Donnerstag nach Rümlang in die Kunstturnhalle gefahren, um zumindest einmal den Gaul gestreichelt zu haben. Kaum zu Hause, „Kannst du auch noch Sprung turnen?“, na das muss dann wohl aus der Kalten klappen.
Ligafinale – badische Oberliga, die wohl stärkste Liga nach den Bundesligen im deutschen Kunstturnen – die höchste Liga des mehr als 1’100 Vereine fassenden badischen Turnerbundes. Die SG Heidelberg-Kirchheim, mit 4 Meisterschaften und 2 Vizemeisterschaften – Dauerfavorit, dieses Jahr ohne ihren ehemaligen Kapitän Michael Wussler? – Wäre ja auch zu schade gewesen!
Seit mehr als drei Jahren ist die Mannschaft ungeschlagen und dann das: im letzten Vorrundenwettkampf verliert man gegen die Mannschaft der Hegau-Bodensee. Zugegebenermassen hatte man letztes Jahr auch nur mit dem knappsten aller möglichen Ergebnisse, mit nur 0.05 Punkten, sich im Finale gegen sie durchsetzen können, aber ja – aufgeladener kann das badische Nord-Süd Derby zum Ligafinale kaum sein.
Schon beim Einturnen zeigt sich, dass dieses Jahr das Niveau extrem angezogen hat. Am Reck sieht man sogar einen Kolman (Doppelsalto mit ganzer Schraube über die Stange und mit wiedergreifen) und am Sprung werden Tsukahara mit Schrauben gesprungen. Bestes Kunstturn-Niveau – und die Halle im Schwarzwald bebt.
Am Boden erwischt die Mannschaft der SG einen guten Start, bevor am Pauschenpferd, die Nerven beginnen zu flattern. Zwei Turner patzen. Michael Wussler, der seit seinem Umzug in die Schweiz vor einem Jahr beim TV Altstetten trainiert, bekommt seinen ersten Einsatz und bekommt seine Übung stabil durch.
Tsukahara im Buchlern? – ewig nicht gesehen…
An den Ringen (Schwingen verboten!) zeigt die SG Kirchheim souverän starke Leistungen. Dann am Sprung sieht alles nach einem perfekten Durchlauf aus, bevor Robin Adler bei seinem Tsukahara mit 1/1 Schraube (Rondat auf dem Sprungtisch mit anschliessendem Salto rückwärts gestreckt mit ganzer Drehung) nicht genügend Höhe beim Abdruck am Tisch bekommt hat und bei der Landung auf den Boden greift. Wieder wird Wussler als Joker eingesetzt und darf versuchen die Wertung zu retten und er steht tatsächlich seinen Sprung einen Tsukahara gestreckt. Danke an der Stelle auch nochmal an Timo und Lele fürs Sichern am Freitag im Training. Kirchheim bleibt damit weiter im Rennen.
Am Barren zeigt die Mannschaft eine überragende Leistung und sichert sich einen Vorsprung von 1.25 Punkten. Doch dann am Königsgerät, dem Reck, muss sich alles entscheiden. Drei gute Übungen und dann ist Philipp Groß etwas zu übermotiviert und setzt seinen Doppelsalto-Abgang extrem hoch, doch kann die Landung nicht stehen. Sidney Wiltgen hat als Joker die letzte Möglichkeit den Wettkampf mit seiner Übung noch herumzureissen … und es reicht gerade so – nicht. 0.1 Punkte trennen am Ende die beiden Mannschaften 272.65 zu 272.75 mit dem besseren Ende für die Turner vom Bodensee. Aber wie man sich bei der Siegerehrung und dem gemeinsamen Fest anschliessend einig ist – gleichgut.
